Die Architektin von New York by Hucke Petra

Die Architektin von New York by Hucke Petra

Autor:Hucke, Petra [Hucke, Petra]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Piper Verlag


Spät am Abend kam er wieder. Johnny war bei Lily, und so zog er Emily gleich ins Bett. Sie lagen nur da, angezogen, sie mit dem Kopf auf seiner Brust, während er an die Decke starrte. Sie hörte sein Herz schlagen. Als Washington aufhörte, ihr über den Rücken zu streichen, blickte sie auf – er war eingeschlafen. Die Falte zwischen den Augen war noch tiefer geworden und erinnerte Emily an seinen Vater. Sie hatte Wash schon so oft beim Schlafen beobachtet, wenn sein Gesicht gelöst war, seine Lippen so weich, dass sie sich nicht traute, ihn zu küssen, doch heute blieb selbst im Schlaf etwas Angestrengtes, Hartes zurück.

Erst am nächsten Morgen erzählte er, dass der Mörtel im Dach des Caissons nicht geholfen habe. Man müsse große Teile des Holzes erneuern, und das dauere zwei bis drei Monate.

Weihnachten rückte näher. Emily gab sich große Mühe, für Johnny ein schönes Fest zu gestalten. Schon einige Zeit vor dem Fest wurde ein Christbaum besorgt. In Cold Spring hatten die Warrens den Baum früher in den großen Erker des Salons gestellt, der rundum Fenster besaß und auf die Straße hinaus zeigte. Alle, die sich keinen eigenen Christbaum leisten konnten oder diese Tradition gar nicht kannten, kamen bei ihnen vorbei. Manche bewunderten die Lichter nur von außen, manche wurden eingeladen, auf einen Glühwein oder eine heiße Schokolade. Ihr Vater hatte gern viele Menschen um sich gehabt. Emily wusste noch genau, wie es sich anfühlte, auf dem Sofa zu sitzen, in eine Decke gehüllt, und den Baum zu betrachten.

Emily klopfte an Washingtons Arbeitszimmertür und trat ein. Er hatte seinen Kopf über lange Berechnungen gebeugt, sie trat neben ihn und küsste seinen Nacken, der nach Fluss roch.

»Washy?«

»Hm?«

»Möchtest du die Feiertage lieber allein verbringen, mit Johnny und mir? Oder sollen wir Fanny, George und die Kinder einladen? Und GK und seine Familie?«

Er richtete sich auf und ließ die Schultern kreisen. »Wie es dir lieber ist.«

Das war im Moment seine Antwort auf alles: Wie es dir lieber ist. Ihm war alles gleich, was nicht mit Zementmörtel und Pinienholz zu tun hatte. Da war es besser, sich möglichst viele Leute ins Haus zu holen, damit es ihr nicht allzu sehr auffiel. So schrieb sie auch noch nach Trenton und lud die beiden Brüder sowie Elvira und ihren Mann ein. Charles war demnächst mit dem Studium fertig, und Ferdinand wollte gleich nach den Feiertagen damit beginnen, ihm die technische Seite der Kabelfabrik zu übertragen. Die beiden Junggesellen freuten sich, ein gutes Essen zu bekommen und die Familie zu sehen. Emily hatte Miss Fraser gebeten, ihren Bruder einzuladen und Mac natürlich auch. Lily und der immer hagerer werdende GK kamen erst am zweiten Weihnachtstag und brachten ihren Sydney mit, der sofort in die Schar der wilden Kinder aufgenommen wurde. Es roch nach Tanne und Zimt.

Emily lud ihrem Bruder Massen an Früchtebrot und Sahne auf den Teller und musste überrascht mit ansehen, wie seine Frau mit einem bösen Seitenblick auf Emily ihm alles wieder wegnahm.

»Ich bin zuckerkrank«, sagte er ihr in einem stillen Moment, »und Lily passt auf mich auf.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.